Das Tier in mir ist der zweite Beitrag von Kolja van Horn zur MADDRAX-Serie. Der Autor entführt den Leser erneut nach Amraka.
Wie bereits aus dem Vorgängerband bekannt, befinden sich die Protagonisten Matthew Drax und Haaley in einer verzweifelten Lage. Sie befinden sich nicht mehr in ihren menschlichen Körpern und müssen nun von einem Wirtskörper zum nächsten springen, um zu überleben. Jedes Mal haben sie nur 12 Stunden Zeit, bevor ihr Bewusstsein vollständig mit dem des Wirts verschmilzt. Zu Beginn stecken sie in den Körpern von Ameisenbären.
In atemberaubend geschilderten Szenen zeichnet van Horn den Kampf der beiden ums nackte Überleben nach. Die Flucht vor skrupellosen Verfolgern, brutale Kämpfe und immer neue Körper, die es zu beherrschen gilt – die Abenteuer sind von rasantem Tempo und packender Atmosphäre geprägt.
Ob als Ameisenbär, Kondor oder Affe – van Horn beschreibt eindrücklich die fragilen Existenzen, gefangen in fremden Körpern mit begrenzten Fähigkeiten. Die stete Angst vor dem Tod und dem Identitätsverlust ist greifbar und sorgt für Spannung.
Dabei gelingt es van Horn, auch poetische und humorvolle Momente einzustreuen, die der düsteren Handlung eine andere Nuance verleihen. Insgesamt ist der Roman äußerst kurzweilig und fesselnd geschrieben.
Neben den actiongeladenen Szenen besticht “Das Tier in mir” vor allem durch das fantastische Worldbuilding eines postapokalyptischen Perus mit seiner Natur. Dabei werden auch sehr viele Fragen aufgeworfen, die ich aktuell versuche im Maddraxikon einzuarbeiten. Mabuta kann also die Fähigkeit verleihen das Bewusstsein in verschiedene Tiere zu versetzen. Das ist für meinen Geschmack etwas zu abgefahren und ich bin gespannt darauf, wie Mike mit seinem Autorenteam das im weiteren Konflikt zwischen Mabuta und Da’kars Leuten diese übermächtige Fähigkeit wieder aus dem Spiel nehmen. Denn meiner Meinung nach macht diese Fähigkeit Mabuta zu einem unbesiegbaren Gegner. Denn was hindert Mabuta daran seinem kompletten Gefolge diese Fähigkeit zu verleihen? Sterben “nur” tausend seiner Ameisen, dann rücken tausend andere Kreaturen nach, oder? Da müssten die NIMITZ-Leute ja zukünftig schlechte Karten haben im Kampf gegen die Aants…
Trotz dieser, für mich ungeliebten, phantastischen Elemente erzeugt van Horn stimmige Bilder voller Details, die die Szenerie real wirken lassen. Seine Naturbeschreibungen sind poetisch und zugleich präzise. Ob Dschungel, Gebirge oder Gewässer – die Landschaften wirkten auf mich sehr lebendig.
Auch die vielschichtigen Charaktere sind ein Pluspunkt des Romans. Allen voran Haaley, deren Persönlichkeit und innere Konflikte immer weiter ausgearbeitet werden. Aber auch die Nebenfiguren wie z. B. Ccahuantico bleiben interessant und geheimnisvoll. Ich würde gerne mehr über sie erfahren. Ein Solo-Abenteuer von Ccahuantico nach seinem Verschwinden könnte ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe ihn inzwischen ins Herz geschlossen und würde gerne mehr über ihn erfahren. Auch deshalb habe ich seine Beschreibung aus den bisherigen Romanen mit ihm durch Midjourney gejagt und ihm im Maddraxikon mit einer fotorealistischen Darstellung ein Gesicht verliehen. Jetzt wohnt er sogar auf der Startseite des Maddraxikons so lange er im Cast mitwirken darf. 😉
Insgesamt ist “Das Tier in mir” ein faszinierender Science Fiction- und Fantasy-Roman voller Action, Atmosphäre und tollen Ideen. Kolja van Horn beweist sich als talentierter Autor mit dem Gespür für große Erzählungen. Seine lebendigen Beschreibungen in Kombination mit dem interessanten Setting und den komplexen Charakteren machen Lust auf mehr.
Fazit: “Das Tier in mir” ist ein temporeicher Pageturner und überzeugt mit stimmiger Welt und interessanten Protagonisten. Ich vergeben dafür 4 von 5 Kometen im Maddraxikon. Freunde der “Animorphs”-Buchreihe von K. A. Applegate dürften ihre Freude an diesem Roman haben. Man darf gespannt sein, wie die Geschichte um Matt und Haaley weitergeht. Eine empfehlenswerte und kurzweilige Genre-Unterhaltung auf hohem Niveau. Und der Cliffhanger ist ja schon phänomenal… 😉
Daniel
09/27/2023 — 14:17
Ich fand diesen Band super. Als ich ihn gelesen habe, habe ich mich auch an die damaligen Animorphs-Bücher erinnert gefühlt. Es wurde einfach gut beschrieben, wie der jeweilige Körper funktioniert, und wie sich der jeweilige Verstand unterscheidet. Und wie seinerzeit die Animorphs, hatten Matt und Haaley manchmal Schwierigkeiten, den jeweiligen Verstand des Tieres zu beherrschen. Im Band zuvor, als Matt schon seit beinahe zwölf Stunden eine Ameise ist, ist er geistig beinahe wirklich eine Ameise geworden, und wollte bloß Mabuta dienen. Das spiegelt genau die Vorgänge in Band 5 ab, in denen die Animorphs entsetzt waren, dass der leere Ameisenverstand sie überwältigt hatte. Und Matt hat als Riesenkondor auch die Kontrolle über den Raubvogel verloren, und einen der Soldaten gefressen. Das passierte auch Tobias, nachdem er dauerhaft ein Bussard geworden war. Sogar die telepathische Sprache war vorhanden. Ich glaube fast, die Animorphs-Hinweise waren beabsichtigt. Da hatten Matt und Haaley Glück, dass Visser Drei nicht zugegen war.^^
Im Übrigen gehe ich nicht davon aus, dass das eine Story-Breaker-Power ist. Ich habe das so verstanden, dass man diesen Körperwechsel bloß dann machen kann, wenn man ein intelligentes Geschöpf ist, und geistig weniger entwickelte Geschöpfe übernehmen kann. Deshalb war die Beherrschung der Affen auch weitaus schwerer, als die der Ameisenbären. Das unterscheidet sich von den Geistwanderern der Hydriten, die jeden Körper übernehmen können, dazu aber zwingend Körperkontakt brauchen. Und Mabuta hat bloß seine Aants und die geistig beherrschten Menschen. Von ihnen hat niemand die geistigen Kapazitäten, um von Körper zu Körper zu springen. Zudem wurde fast jeder Tierkörper der beiden von den Nimitz-Soldaten getötet. Wenn es Mabuta gelingt, noch fünfzig bis hundert weitere menschliche Verbündete zu finden, die von Körper zu Körper springen, um speziell die Nimitz anzugreifen, dann dürfte es für sie eng werden, aber wenn er eine Armee aus beherrschten Tieren hätte aufstellen können, hätte Mabuta es schon lange getan.
Ich finde, von den Beschreibungen hätte es noch etwas mehr sein können. Ich vermisse die Erwähnung, dass man in einem Wald hunderte Meter in jede Richtung weit sehen kann, in einem Dschungel aber praktisch von Pflanzen begraben ist. Oder dass Matt kommentiert, dass er als Dschungeltier deutlich besser mit der Hitze und Luftfeuchtigkeit klarkommt, statt als Mensch. Oder dass es überall Blüten in den buntesten Farben gibt, und Matt Haaley mehrmals erklären muss, dass diese giftig sind, und sie nicht an ihnen riechen soll. Für meinen Geschmack war es ein bisschen zu wenig Dschungel-Feeling.
Eine Szene die mich wirklich gestört hat, ist, als Haaley Matt vorschlug, in den Aneetah-Körpern miteinander zu schlafen, und ob Matt es nicht mal als Weibchen ausprobieren möchte. Ich habe mich ja daran gewöhnt, dass Haaley eine derartige Nymphomanin ist, dass sie glatt aus einem Brian-Lumley-Roman kommen könnte, aber das war schon wirklich abartig.
Aber trotzdem ein recht schöner Roman. Von mir gibt es drei von fünf Aants.