Die dunkle Zukunft des Maddraxikons

MX 609 – Schwarz, Drugs & Rock’n’Roll

Cover des Romans
©Bastei Lübbe AG, Köln

In dieser Rezension werfen wir einen Blick auf den 609. Band unserer Lieblingsserie MADDRAX – Die dunkle Zukunft der Erde mit dem Titel „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“, geschrieben von Christian Schwarz.

Christian Schwarz, ein langjähriger und geschätzter Autor der MADDRAX-Serie, präsentiert uns eine weitere spannende Geschichte rund um den Protagonisten Matt, der noch immer auf der Suche ist nach dem Fungizid. Dieses Mal wird die Handlung jedoch durch eine ungewöhnliche Mischung aus Drogenhandel und Rock’n’Roll bereichert – eine Kombination, die man nicht oft in der Welt der Science-Fiction-Literatur findet.

Schwarz ist bekannt für seine Fähigkeit, komplexe Charaktere und Handlungsstränge zu entwickeln. Leider hat er dabei im Vorgängerband das große Ganze, das World Building, aus den Augen verloren. Mit „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ wagt er sich auf ein neues, gewagtes Terrain, das die Leser auf eine Reise mitnimmt, die gleichermaßen spannend und herausfordernd ist.

Wie immer verzichte ich auf eine ausführliche Handlungszusammenfassung. Diese könnt ihr im Maddraxikon im Artikel über diesen Roman selbst nachlesen. Und bei Bedarf sogar Fehler korrigieren, denn die Zusammenfassung dort ist noch recht frisch.

Drugs spielen in diesem Roman eine zentrale Rolle. In einer Umgebung, die an Hoffnungslosigkeit grenzt, werden sie zur Flucht vor der Realität. Sie bieten eine Form des Vergessens und sind zugleich ein Mittel, das Überleben in der rauen Umgebung zu bewältigen.

Die Präsenz des Rock’n’Roll in der Erzählung bietet einen starken Kontrast zur düsteren Zukunft. Die Musik ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung und ein Symbol für die menschliche Widerstandsfähigkeit, sogar in Zeiten der größten Not.

Christian Schwarz‘ Schreibstil in „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ ist direkt und ungeschminkt, mit einer guten Mischung aus rascher Handlung und sorgfältig gestalteter Beschreibung. Der Autor hat eine bemerkenswerte Fähigkeit, die trostlose, düstere Atmosphäre der postapokalyptischen Welt einzufangen und sie dem Leser unverblümt vor Augen zu führen. Er bedient sich einer intensiven, teils rohen Sprache, die hervorragend zu den harten Lebensumständen passt, die seine Charaktere durchleben.

Die Struktur des Romans ist gut durchdacht und unterstützt das Tempo der Handlung. Schwarz wechselt geschickt zwischen den beiden Perspektiven, was dem Leser ein umfassendes Bild der Welt und der Charaktere vermittelt. Dabei werden die Übergänge so geschickt eingefädelt, dass man als Leser nahtlos von einer Szene zur nächsten gleitet.

Die Dialoge im Roman sind scharf und treffend, sie offenbaren die Essenz der Charaktere und treiben die Handlung voran. Darüber hinaus gelingt es Schwarz, durch die Dialoge einen Hauch von Humor und Leichtigkeit einzuflechten, was einen willkommenen Kontrast zur düsteren Umgebung bietet.

Ein bemerkenswertes Merkmal des Romans ist die Verwendung von Musik als erzählerisches Element. Die Lieder und Melodien, die im Laufe des Buches erwähnt werden, ergänzen die Atmosphäre und die Emotionen der Szenen und tragen zur Tiefe der Charakterentwicklung bei.

So wird u. a. aus „Bobby Brown Goes Down“ von Frank Zappa zitiert:

Hey there, people, I’m Bobby Brown
They say I’m the cutest boy in town
My car is fast, my teeth are shiny
I tell all the girls they can kiss my heinie…

Frank Zappa, aus dem Album „Sheik Yerbouti“, New York City: CBS Records, 1979

In einer anderen Szene wird beschrieben, wie drei Musiker auf einem hölzernen Podest neben der Theke sitzen und spielen. Einer der Musiker bläst auf einer Panflöte aus Bambus, der zweite spielt eine Art Ukulele und der dritte trommelt mit den Fingerspitzen auf einem bunten Brett herum und singt dabei etwas, das Matt an amerikanischen Folk erinnert.

Insgesamt ist „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ eine beeindruckende Demonstration von Schwarz‘ erzählerischer Kraft und seinem Gespür für die Balance zwischen Handlung, Charakterentwicklung und atmosphärischer Gestaltung. Der Roman ist mit seinem ungeschönten, intensiven Stil und seiner durchdachten Struktur ein packendes Leseerlebnis.

Der Roman hat eine Reihe von zentralen Themen und nutzt die Symbolik geschickt, um diese Themen zu erforschen und zu vertiefen.

Sucht und Genesung: Vom Titel her offensichtlich, stellt Sucht eines der zentralen Themen des Romans dar. Schwarz benutzt das Motiv der Sucht nicht nur um einen realistischen Hintergrund für Matts Kampf zu schaffen, sondern auch, um tiefere Fragen der Abhängigkeit und Kontrolle zu stellen. Genesung wird als langwieriger, schmerzhafter Prozess dargestellt, der Mut und Entschlossenheit erfordert, aber auch die Möglichkeit von Hoffnung und Veränderung bietet.

Musik als Heilmittel und Zerstörer:
Musik ist ein doppeltes Symbol in Schwarz‘ Roman. Sie dient sowohl als zerstörerische als auch als heilende Kraft. Auf der einen Seite verbindet Musik Matt mit seinen Drogenkonsum und den zerstörerischen Aspekten seines Lebens. Auf der anderen Seite dient sie als Heilmittel und Ausdrucksmittel, eine Möglichkeit für Matt, seine Emotionen auszudrücken und seine Vergangenheit zu reflektieren.

Freundschaft und Loyalität:
Im Laufe der Geschichte wird die Bindung zwischen Matt und seinem Mitstreiter immer stärker, und ihr Zusammenhalt stellt ein zentrales Thema dar. Besonders nachdem Matt In einer Welt, in der das Überleben immer fraglich ist, wird die Bedeutung von Freundschaft und Loyalität stark hervorgehoben.

Schwarz‘ Fähigkeit, diese Themen durch sorgfältig gestaltete Symbolik zu vermitteln, verleiht „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ eine zusätzliche Tiefe und Komplexität und trägt dazu bei, ihn zu einem anspruchsvollen und fesselnden Teil der MADDRAX-Serie zu machen.

„Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ bietet eine faszinierende Lektüre, die das Publikum sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Christian Schwarz gelingt es, ein düsteres Bild einer postapokalyptischen Welt zu zeichnen, die zugleich von Hoffnung und Menschlichkeit geprägt ist.

Das Hauptthema des Romans, Sucht und Genesung, ist brillant dargestellt und fesselt die Aufmerksamkeit des Lesers von Anfang bis Ende. Der Einsatz von Musik, sowohl in seiner zerstörerischen als auch heilenden Rolle, ist ein kluger Schachzug, der sicherlich viele Leser ansprechen wird. Die Darstellung von Musik und die gewählten Titel sind zudem sehr passend und spiegeln das Alter der Hauptzielgruppe der Serie wider, was eine zusätzliche, nostalgische Verbindung zum Publikum schafft.

Ein weiterer positiver Aspekt ist die Entwicklung der Charaktere, insbesondere die von Matt und Tschoosch. Die tiefergehende Untersuchung von Tschooschs Hintergrundgeschichte und seinen Hass auf die Dealer gibt dem Roman eine zusätzliche Dimension und bereichert das Gesamtbild der Geschichte. Dass Tschoosch den Roman überlebt und Matt weiter begleitet, stellt eine interessante Dynamik in Aussicht und lässt den Leser gespannt auf die weiteren Abenteuer des Duos warten.

Jedoch gibt es einige Aspekte des Romans, die kritischer Betrachtung bedürfen. Zum einen ist die Existenz einer nahezu industriellen Gesellschaft in der postapokalyptischen Welt der MADDRAX-Serie unklar und inkonsistent mit der bisherigen Darstellung innerhalb der Serie. Die Fragen, die sich aus der scheinbaren Überpräsenz von Flugzeugen und Feuerwaffen ergeben, werfen erhebliche Zweifel auf, ob diese Elemente plausibel in die Welt von MADDRAX integriert werden können.

Die Frage, wie und wo diese Flugzeuge gewartet und hergestellt werden und wie eine solche „Industrienation“ in der bisherigen Serie unentdeckt bleiben konnte, bleibt offen und unbefriedigend. Ebenso bleibt unklar, wie diese Gesellschaft Zugang zu den notwendigen Ressourcen haben könnte, ohne dass ihre Existenz durch Handel mit anderen Regionen bekannt geworden wäre. Dies sind Punkte, die einer weiteren Klärung bedürfen, und ich hoffe, dass das MADDRAX-Team in zukünftigen Romanen eine plausible Erklärung liefern wird.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Fortsetzung des Plots um den funktionierenden MP3-Player aus der Zeit vor dem Kometeneinschlag. Die Frage, wie ein solches Gerät nach über 500 Jahren noch funktionsfähig sein kann, insbesondere in der Nähe von PROTO und seinem Kristall, bleibt ein ungelöstes Rätsel und wirft erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieses Aspekts der Handlung auf.

Insgesamt bietet „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ trotz dieser Kritikpunkte eine ansprechende Lektüre. Christian Schwarz‘ Fähigkeit, eine fesselnde Geschichte zu erzählen und den Leser in eine dystopische Welt einzutauchen, ist bemerkenswert. Der Roman hat seine Mängel, aber seine Stärken überwiegen und machen ihn zu einem wertvollen Beitrag zur MADDRAX-Serie. Es bleibt abzuwarten, wie die zukünftigen Romane auf die aufgeworfenen Fragen und Kritikpunkte reagieren werden.

„Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ ist zweifellos ein bemerkenswerter Beitrag zur MADDRAX-Serie, der jedoch unter seiner eigenen Ambition leidet, eine weitreichende Erzählung in die bestehende MADDRAX-Welt einzubetten. Das Buch schafft es, eine fesselnde Geschichte zu erzählen und gleichzeitig einige tiefgreifende Themen zu berühren, die sicherlich bei vielen Lesern Resonanz finden werden. Dennoch wird seine Effektivität durch die oben genannten logistischen und plausibilitätsbedingten Bedenken beeinträchtigt.

Die Idee, die Musik und das Gefühl von Freiheit und Rebellion in den Vordergrund zu stellen, war innovativ und erfrischend. Gleichzeitig führte sie zu einigen der stärksten Momenten des Romans, sowohl in Bezug auf die Charakterentwicklung als auch auf die allgemeine Atmosphäre. Dennoch wurden diese hervorragenden Elemente durch die problematische Darstellung der technologischen Aspekte der Welt etwas überschattet.

Christian Schwarz bietet uns mit „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ einen Roman, der uns sowohl fasziniert als auch frustriert. Es ist eine Geschichte, die die Grenzen dessen, was in der MADDRAX-Serie möglich ist, auslotet, dabei aber auch einige seiner eigenen Grenzen aufzeigt.

Im Lichte all dessen bewerte ich „Matt & Drugs & Rock’n’Roll“ im Maddraxikon mit 3 von 5 Kometen. Trotz seiner Schwächen ist es immer noch ein lesenswerter Beitrag zur Serie, der sowohl bestehende Fans ansprechen wird, als auch neue Leser neugierig auf die Welt von MADDRAX machen könnte.

Ich freue mich auf zukünftige Romane und bin gespannt, wie die Autoren die aufgeworfenen Fragen und Probleme angehen werden. Insbesondere hoffe ich, dass die aufgeworfenen Fragen rund um die unerklärte Existenz einer „Industrienation“ und die ungelösten technologischen Rätsel rund um die Musikwiedergabe geklärt werden.

Und wenn diese Fragen in zukünftigen Romanen doch noch plausibel aufgeklärt werden, dann bin ich gerne dazu bereit einen weiteren Kometen meiner Bewertung hinzuzufügen. 😉

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